BAG aktuell: Zur Unterrichtung des Betriebsrates durch den Arbeitgeber im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG
In Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder personellen Einzelmaßnahme zu unterrichten. Als personelle Einzelmaßnahmen nennt der Gesetzgeber in § 99 Abs. 1 BetrVG die Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung.
Zum Umfang der Unterrichtungspflicht kann es immer wieder zu Streitigkeiten kommen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da erst ab vollständiger Unterrichtung durch den Arbeitgeber die Stellungnahmefrist von einer Woche zu laufen beginnt.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung hierzu wiederholt unter Bezugnahme auf vergangene Rechtsprechung klärende Worte gefunden. In seinem Beschluss vom 14. April 2015, 1 ABR 58/13, stellt das BAG klar:
Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus. Dieser hat den Betriebsrat über die geplante personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist (BAG 30. September 2014 – 1 ABR 32/13 – Rn. 24). (…)
Dem Betriebsrat sind nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zwar nicht nur die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bewerber vorzulegen, sondern auch solche Schriftstücke, die der Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens über die Bewerber erstellt hat. Dies gibt der Normzweck des § 99 Abs. 1 BetrVG vor. Der Betriebsrat kann sein Recht, für die zu treffende Auswahl Anregungen zu geben, sachangemessen nur ausüben, wenn er die vom Arbeitgeber ermittelten und von diesem für auswahlrelevant gehaltenen Daten und Unterlagen kennt (BAG 28. Juni 2005 – 1 ABR 26/04 – zu B II 2 aa [2] der Gründe, BAGE 115, 173). Zu den danach vorzulegenden Bewerbungsunterlagen gehören Unterlagen, die der Arbeitgeber allein oder zusammen mit dem jeweiligen Bewerber anlässlich einer Bewerbung erstellt hat, aber nur, wenn der Arbeitgeber diese Schriftstücke bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt. Aufzeichnungen, die hierfür ohne jegliche Bedeutung sind, muss der Arbeitgeber nicht vorlegen (BAG 17. Juni 2008 – 1 ABR 20/07 – Rn. 15, BAGE 127, 51). (…)
Das Betriebsverfassungsgesetz gewährt dem Betriebsrat kein Teilnahmerecht an den mit Bewerbern geführten Personalgesprächen. Sein hierdurch bewirktes Informationsdefizit muss der Arbeitgeber nicht durch eine Wiedergabe der mit den Bewerbern geführten Gespräche oder ihrer wesentlichen Inhalte ausgleichen. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangt vom Arbeitgeber auch keine Rechtfertigung seiner Auswahl (BAG 28. Juni 2005 – 1 ABR 26/04 – zu B II 2 b bb [2] der Gründe, BAGE 115, 173). Gegenstand der Unterrichtung sind nur die wesentlichen Tatsachen und Einschätzungen des Arbeitgebers, die ihn zu der getroffenen Entscheidung bestimmt haben.
Es verbleibt für die Betriebspartner im Einzelfall die Prüfung, ob die Unterrichtung des Arbeitgebers nach diesen Maßstäben ausreichend ist.